Neues aus unserer Rubrik #ausgezeichnete Abschlussarbeiten: Vanessa Clemenz, ehemalige RUNnerin, erhält den Preis der Sparkasse Barnim für ihre Masterarbeit „Stadtbaum 2.0 – Potentiale einer werkstofflichen Nutzung von Stadtholz am Beispiel Berlin“.
Herzlichen Glückwunsch zum Sparkassenpreis, Vanessa! Was genau hast du im Rahmen deiner Masterarbeit untersucht und herausgefunden?
Meine Abschlussarbeit soll eine wissenschaftlich fundierte Grundlage, eine Art Machbarkeitsstudie, für ein Pilotprojekt zur Stadtholzverwertung darstellen. Durch meine Forschung wollte ich Potentiale und Bedingungen für die Inwertsetzung von Stadtholz für die handwerkliche Nutzung identifizieren. Mir war es wichtig, konkrete Erkenntnisse über die Anforderungen an den Rohstoff (z.B. Holzart, Qualität, Dimension) für eine erfolgreiche Einleitung in die regionale Holzverarbeitung zu sammeln. Ich trat mit relevanten Interessensgruppen in Kontakt, um deren zweckgebundene Ansichten bezüglich der Reorganisation der Wertschöpfungskette zu verstehen.
Eines der Hauptziele war es, die Organisation der angestrebten handwerklich-werkstofflichen Wertschöpfungskette darstellen zu können. Stadtholz stellt aufgrund der schwankenden Mengen und Qualitäten eher ein Nischenprodukt dar, das jedoch aufgrund der besonderen Geschichte seines Ursprungs „Grown and Made in Berlin“ einen hohen ideellen Wert besitzt. Diverse befragte Berliner Handwerksbetriebe zeigen ein Interesse an Stadtholz als Werkstoff, insbesondere an Stammholz beliebter Werkholzarten, wie Eiche oder Esche. Die Nachhaltigkeit der werkstofflichen Nutzung steht und fällt jedoch mit der Anzahl der Verarbeitungsschritte und der eingesetzten Technik.
Welche Erkenntnis aus deiner Abschlussarbeit findest du besonders spannend oder wichtig?
Eine interessante Erkenntnis war für mich die Tatsache, dass Berliner Stadtholzströme aktuell nicht gesondert erfasst werden. Vielmehr werden in der Stoffstrom-, Klimagas- und Umweltbilanz (SKU) der Stadt Berlin Stadtholzströme in der Kategorie „Baum- und Strauchschnitt“ zusammengefasst, wodurch keine Aussage über die tatsächlich anfallende Stadtholz-Biomasse getroffen werden kann. Darüber hinaus zeigt die Untersuchung, dass örtliche Akteure bereits die angestrebte Wertschöpfungskette abdecken könnten. Jedoch ist die Ausbildung und Koordination eines engen Akteurnetzwerks nötig, um die Wertschöpfungskette wirtschaftlich nachhaltig gestalten zu können. Die größten Hürden stellen die Logistik rund um die Sortierung der in schwankenden Mengen und Qualitäten anfallenden Holzrohstoffe dar, sowie der lokale Platzmangel für die Lagerung und Trocknung in Berlin.
Wie bist du auf das Thema deiner Abschlussarbeit gekommen?
In der Baumpflege-Firma BaumBüttner bei der ich tätig bin, wird das Thema Naturschutz und Nachhaltigkeit sehr großgeschrieben. Unsere Vision ist es, Stadtbäume nicht nur nachhaltig zu pflegen, sondern auch anfallende Reststoffe wie Stammholz und Astwerk möglichst umweltschonend und mit positiver ökologischer Bilanz verwerten zu können, zumal leider zu häufig gesunde Bäume mit wertvollem Holz aufgrund von Bauvorhaben gefällt werden müssen. Die direkte thermische Nutzung dieser Stämme ist für uns zu schade, daher haben wir bereits begonnen, Holz für die Weiterverwertung zu lagern.
Wie bist du das Thema angegangen?
In einem Sondierungsgespräch mit dem Grünflächenamt Steglitz-Zehlendorfs habe ich zunächst die Relevanz der Themenstellung geprüft. Ich betrachtete die Stadt Berlin als Forst (Urban Forest) und begrenzte meine Untersuchungen auf die zwölf gängigsten Berliner Stadtbaumgattungen (wie in der Grafik dargestellt). Die Datengrundlage dafür lieferte das städtische Baumkataster (FIS-broker). Um die Potentiale einer werkstofflichen Nutzung genauer zu untersuchen, erfolgte zuerst eine empirische Bedarfsanalyse (Online-Umfrage) unter handwerklich holzverarbeitenden Akteuren in Berlin. Anschließend habe ich eine Marktanalyse mithilfe von qualitativen Interviews mit Experten der lokalen Holzwirtschaft durchgeführt, um die aktuelle und die angestrebte Wertschöpfungskette von Stadtholz skizzieren und den lokalen Holzmarkt und seine Grenzen verstehen zu können.
Vor welchen Herausforderungen standest du bei der Erforschung der Thematik?
Gerne wäre ich tiefer in die Materie einer kommunalen vs. einer privatwirtschaftlichen Nutzung von Stadtholz als Werkstoff eingetaucht. Jedoch musste ich feststellen, dass kommunal kein großer Handlungsspielraum oder nur wenig Interesse zu herrschen scheint.
Was hat dir am meisten geholfen (z.B. aus deinem Studium)?
Strukturgebend für meine Arbeit war das Buch „Sozialforschung – Methoden und Anwendungen“ (Flick 2009). Darüber hinaus half mir die gute Zusammenarbeit mit meinem Betreuer Prof. Dr. Benjamin Nölting und der rege Austausch mit lokalen Experten der Holzwirtschaft.
Wie hast du dich für den Preis beworben? Und wie fühlt es sich an die Gewinnerin zu sein?
Auch an dieser Stelle geht der Dank an meinen Betreuer Prof. Dr. Benjamin Nölting, der meine Abschlussarbeit für den Sparkassenpreis im Fachbereich LaNu nominierte. Ich fühle mich geehrt, dass meine Arbeit unverhofft ausgezeichnet wurde.
Wie geht es jetzt für dich weiter und was sind deine Pläne für die Zukunft?
Zunächst werde ich weiterhin in der Baumpflege tätig sein und versuchen, die neu gewonnenen Erkenntnisse aus unseren Untersuchungen für ein Pilotprojekt in Berlin zu nutzen. Perspektivisch soll ein Leitfaden für die nachhaltige Verwertung von Stadtholz entwickelt werden, um etwaige Vorhaben auf andere Städte und Kommunen übertragen zu können. Ziel ist es, vielerorts regionale Wertschöpfungsketten von Stadtholz zu etablieren, auch um einen Beitrag gegen die aktuelle und perspektivischen Rohstoffknappheit zu leisten. An dieser Stelle sind wir offen für Anregungen und Mitstreiter*innen aus der Holzbe- und -verarbeitung.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei deiner Arbeit!
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