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Künstlerische Zugänge zur (nachhaltigen) Ernährungskultur

Um aus alten Verhaltens- und Denkstrukturen auszubrechen und neue zu etablieren, braucht es mehr als Fachwissen und Methodenkompetenz. Es braucht auch Selbstreflexion, Perspektivwechsel und kreative Herangehensweisen, um etwas Neues zu erschaffen.

Aus diesem Grund startete mit dem neuen Bachelor-Studiengang „Ernährungs- und Agrarkultur nachhaltig gestalten“ an der HNEE das Modul „Künstlerische Zugänge zur Ernährungs- und Agrarkultur“ im ersten Wintersemester 23/24.

Die Studierenden lernen über Ernährungs- und Agrarkultur durch die Auseinandersetzung mit vielfältigen Perspektiven in einem co-kreativen Prozess.  „Kunst“ kann neuartige Zugänge eröffnen und eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Wissenschaft erzeugen.

Künstlerische Methoden bieten aber auch Erfahrungsräume für emotionale und konfliktreiche Themen. Die Auseinandersetzung mit Weltbildern, Emotionen und daraus entstehenden Konflikten ist ein wichtiger Bestandteil einer Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Es folgen nun kurze Beschreibungen mit Text-Ausschnitten aus den schriftlichen Abgaben, in denen die Studierenden ihre Kunstprojekte und Motivationen thematisch vorstellen:

 

Der Grabstein in der Performance „Time to say goodbye“, Urheberinnen Linda Lezius und Franziska Horn (Wild and Root)


Time to say goodbye“, Performance

Eine Beerdigung. Erst wenn etwas weg ist, begreift mensch den Wert des Verlorenen. Wer ist gestorben, fragst du dich? „Millionen von Mikroorganismen, Bakterien und Kleinstlebewesen arbeiten jede Sekunde an der Aufarbeitung und Auflockerung von Böden, an der Verrottung von Material, und am Abbau von Schadstoffen. Sie tragen unser Ernährungssystem und doch werden ihre Populationen überall auf der Welt durch industrielle Landwirtschaft gestört oder dezimiert. Mit einer dystopischen Gedenkfeier richten auch wir den Blick auf die Lebewesen, die unter uns leben und arbeiten und warnen zugleich vor einem ähnlichen Ausgang. (...) Können wir weiterhin unsere Nahrungsgrundlage vernichten und trotzdem genug Essen produzieren für eine immer weiter wachsende Weltbevölkerung?”

Künstler*innen: Jana Nelson, Anne Wolff, Paloma Hauck, Marie Langisch, Paulina

 

Foto aus dem Stummfilm „Ich alles immer“, Urheberin Laura Wille


Ich alles immer“, Stummfilm

Hinter den vollen Regalen in den Supermärkten befinden sich für Konsument*innen Unsichtbares, was mit jedem Einkauf beeinflusst werden kann. Die Gruppe enthüllt das Unsichtbare hinter den Lebensmitteln: Arbeitsaufwand, Ressourcenverbrauch, Auswirkungen auf die Umwelt: „Was steckt hinter unseren Lebensmitteln? Wo kommen sie her und wie viel Arbeitsaufwand und Ressourcen sind dort hineingeflossen? Welche Auswirkungen hat unser Konsumverhalten auf die Umwelt? Unser Stummfilm ist ein Versuch auf übertriebene und humorvolle Weise zum Reflektieren der eigenen typischen Verhaltensmuster anzuregen. Wir wollen einen Perspektivwechsel schaffen, der das abbildet und zeigt, was man sonst im Supermarkt nicht sieht. Die Barriere, die sonst den Ort des Konsums vom Produktionsort trennt und zu Lebensmittelentfremdung führt, wollen wir auflösen.”

Künstler*innen: Moritz Bouchon, Laura Wille, Alexandra Fannasch, Vincent Gross und Laura Blöss

 



Hört auf zu flunkern!”, Web-Performance

Die Preise für Konsumgüter liegen weit unter den realen Kosten. Was ist uns der Überfluss an Gütern noch Wert? Welchen Preis müssen heutige und künftige Generationen und Mitwelten dafür zahlen? „Wir leben in einer Zeit, in der Güter durch immer niedrigere Preise an (symbolischem) Wert verlieren. Die Arbeit auf dem Feld und die Ressourcen der Natur werden Tag für Tag in Rechnung gestellt, aber von niemandem beglichen. Die Wertschätzung für das Produkt, das Handwerk sowie die gesamte, vorgeordnete Wertschöpfungskette wird nicht berücksichtigt. Vielen Kund*innen ist das Ausmaß der versteckten Kosten nicht bewusst. Hinter jedem Produkt steckt eine Vielzahl an Handgriffen, Arbeitskräften und Ressourcen unserer Erde. Wir möchten mit unserem Projekt Menschen dazu ermutigen, ihre Verantwortung im alltäglichen Handeln wieder zu erkennen und sich somit selbst zu ermächtigen.“

Künstler*innen: Lisa Schwendowius, Victoria Giehl, Luise Unser, Darion Pölzer, Ronja Lehmkuhl

 


Foto während der Performance „Schmeckt’s noch?“, Urheberinnen Linda Lezius und Franziska Horn (Wild and Root)


Schmeckt’s noch?”, Performance

Eine ganz alltägliche Situation: gemeinsames Essen. Doch was landet auf dem Tisch? Menschenfleisch. Alle lassen es sich gut schmecken… Das erzeugte Bild ist bewusst verstörend, absurd und eklig. „Um die Lücke von Empathie zwischen Mensch und Tier in unserem Werk zu schließen, beschlossen wir, uns in unseren Arbeiten mit einem absoluten Tabuthema zu beschäftigen: Kannibalismus. Es ist ein Gedankenexperiment in einer alternativen Realität, dass sich von unseren jetzigen Vorstellungen von Moral und Ekel entfernt und sie auf den Kopf stellt, um vielleicht in der Realität an dem allgemein beherrschenden Speziesismus, der von uns Menschen, ein wenig zu rütteln. Diese Alltagssituation ist jetzt vielleicht nicht mehr so gemütlich und gewohnt. Die Hintergründe dieses Mahls sind ein Unterton, dem manch einem/einer vielleicht den Appetit verdirbt.“

Künstler*innen: Jeremias Gennrich, Nina Münch, Ivo Woutskowsky, Anna Kowalkowski

 

Vorsorglich zu spät”, Videocollage mit Musik

Wie wird es kommenden Generationen ergehen? Die aktuelle globale Lage lässt wenig Gutes vermuten. Der Unterschied zwischen Dystopie und Wirklichkeit wirkt klein. „Die Mächtigen werden irgendwann nicht mehr so weiter handeln können und die Armen nicht mehr so weiter leben wollen. Es werden überall Brücken gebaut, erneute Befriedigung initiiert, aber, und da sind wir beim Hoffnungsprinzip: die Kleinen sind nicht mehr ungebildet (…). Es werden mehr Schlaue, zu viele Schlaue, die man nicht mehr belügen kann. Tierwohl, Etikette, versteckte Steuererhöhungen, Betriebsvernichtung - das ist eigentlich nur ein Ablenken von den Verbrechen der Global-Player, die in Brüssel Lobbyismus feiern und unerfahrene Politiker so beraten, dass eigentlich nur eines dabei herauskommt: die kleinen Firmen kaputt zu wirtschaften.“

Künstler*innen: Laura Freiwald, Alina Kissro, Katharina von Hermanni, Johanna Friedrich

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