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KoBaMuGasmus: Ein Ort der Kulinarik und Begegnung

Autorenbild: Luisa KeimLuisa Keim

Als ich im Herbst 2021 für mein Studium nach Eberswalde zog, hörte ich sehr schnell davon, dass es im KoBaMuGasmus himmlische vegetarische Gerichte und Torten gibt. Seit Oktober 2018 hat das Café von Zora und Basti in der Schicklerstraße 25 bereits geöffnet. 2021 gab es aufgrund der Corona-geprägten Zeit, wie bei vielen anderen Gastronomiebetrieben auch, nur einen Abholservice. Nur leider hatte ich mich in der Zeit wohl an geliefertem bzw. abgeholten Essen “überfressen”. Es war einfach nicht dasselbe, auf dem Heimweg wurde das Essen schneller kalt als man laufen konnte und irgendwie vermisste ich das besondere Ambiente eines echten Café- Besuches mit klimpernden Tassen, hübschen Geschirr und einer wohlig- warmen Atmosphäre mit gepolsterten Sesseln. Lange Rede kurzer Sinn: Ich beschloss so lange auf einen Besuch des „Kobas“, wie es auch praktischerweise von vielen genannt wird, zu warten bis ich vor Ort und in Ruhe das Essen dort probieren könnte.


Geduld ist nicht meine Stärke, aber wohl oder übel musste ich damit noch bis November 2023 warten. Basti erzählt mir, dass der coronabedingte Abholdienst nach ein paar Anlaufschwierigkeiten noch bis Ende 2021 ganz gut lief. Da er gelernter Krankenpfleger ist, ergab sich die Möglichkeit eine Corona-Teststelle zu eröffnen. Die betrieben Zora und er bis Februar 2023 und in der Zeit konnten sie ein bisschen Geld für die Zeit danach ansparen. So war ich also schon kurz nach meinem Umzug nach Eberswalde im KoBaMuGasmus, bekam aber statt Kochen, Backen und Musik  (KoBaMuGasmus bedeutet so viel wie ein Sinnesorgasmus aus diesen Elementen), aber auf meinen Wunsch hin ein Stäbchen tief in die Nase gesteckt. Ich musste mich also weiter auf das kulinarische Erlebnis gedulden. Nachdem im Februar 2023 die Teststelle schloss, mussten Zora und Basti erstmal ein halbes Jahr renovieren. Durch die Schwärze zog Feuchtigkeit vom Keller in das Gemäuer. Zudem wurde die benachbarte 3-Raum Wohnung dazu gemietet, um die Größe der Küche und Arbeitsräume an die des Gastraumes anzupassen. In der Zeit wurden die Beiden von Youtube-Handwerker*innen zu Renovierungsprofis, bauten alles in Eigenarbeit um und installierten sogar eine Brandschutzdecke.


Seit dem 23.11.2023 wird im KoBaMuGasmus nun wieder das gemacht, wofür es eigentlich steht, nämlich gekocht, gebacken und Musik gespielt. Zora träumte schon seit Schulzeiten davon, ein eigenes Restaurant aufzumachen und als sie Basti noch während ihrer Abizeit kennenlernte, wurde er bald in ihre Pläne eingeweiht. Sie sponnen sich die unterschiedlichsten Ideen zusammen, z.B. ein Omelette-Haus („Viel Zu teuer mit Bio-Eiern! Wer will schon jeden Tag Omelette essen?“) oder einen Festival-Stand, was sie auch mal ausprobierten. Basti konnte sich ein eigenes Café auch gut vorstellen, da die Arbeitsbedingungen in seinem Job als Pfleger immer schwierig waren, er durch den Zeitdruck selten das Gefühl hatte, die Arbeit so machen zu können, wie er es eigentlich gern getan hätte und es ihm nicht guttat, immer mit so vielen leidvollen Krankheitsgeschichten und traurigen Schicksalen konfrontiert zu sein. 


Seitdem sie die Räume des Lokals 2018 anmieteten, sind die beiden nun ihre eigenen Chefs und kümmern sich um alle Aspekte des Cafébetriebs selbst. So wird die Arbeit sehr abwechslungsreich: „Jede Woche sind hier 10 neue Sachen zu tun“, aber auch durch das wechselnde Speisenangebot. Da die Gastgeber*innen die Vielfalt sehr schätzen, servieren sie nicht immer das gleiche, sondern wöchentlich wechselnde Länderteller. Das Ganze begann sehr satirisch: Nach Bekanntwerden der Ibiza-Affäre österreichischer Politiker entstand der Erste, der österreichisch-spanische Teller, welcher Spezialitäten beider Länder kombinierte. Seitdem haben sich viele weitere Teller hinzugesellt, die von Polen über Marokko nach Vietnam immer kleinere oder größere kulinarische Reisen und ab und an auch kleine Friedensbotschaften sind, wie der türkische-kurdische Friedensteller.


Das KoBaMuGasmus ist nicht nur ein Ort kulinarischer, sondern auch persönlicher Begegnungen. Basti erzählt, wie froh manche Gäste aus anderen Esskulturen sind, wenn es Gerichte gibt, die sie aus ihrer Heimat kennen. Und er selbst freut sich umso mehr über die Inspirationen für Köchin Zora, die sie ihm mitgeben, wenn sie über das Essen ihrer Kindheit schwelgen. Am Wochenende verbringt sie ihre wenigen freien Stunden oft damit Videos von Rundgängen über StreetFood-Märkte verschiedener Länder zu schauen und dabei neue Ideen für die Menügestaltung zu sammeln.


Die beiden könnten sich nicht vorstellen, immer die gleichen Gerichte zu servieren und sind der Meinung, dass das am Standort Eberswalde auch nicht funktioniert, weil sie viele Stammgäste haben, die fast täglich vorbeischauen. Die Gästeschar ist bunt gemischt: Gern kommen ältere, ernährungsbewusste Frauen, aber auch Ärzte nach ihrem Dienst, neugierige Ur-Eberswalder*innen, Gruppen von Studis nach überstandenen Prüfungen oder auch der ein oder andere grummelig wirkende Bauarbeiter, dessen Skepsis sich spätestens nach Bastis entwaffnend freundlichem Angebot eines kostenlosen Glas Leitungswasser in Wohlwollen verwandelt.

Nachdem Zora und Basti im ersten Moment v.a. durch die günstigen Gewerbemieten die Chance nutzten, sich in Eberswalde niederzulassen, haben sie in der Zwischenzeit auch die Dankbarkeit der Gäste für das (nicht selbstverständliche) gastronomische Angebot und die damit verbundene Wertschätzung liebgewonnen, die in Berlin oft fehlt. Sie schätzen die persönlichen Kontakte im Ort, die zu einem stärkeren Zusammenhalt führen. Und auch im Café haben sie selten unangenehme Gäste bedienen müssen.

Im KoBaMuGasmus werden alle Zutaten in ökologischer Qualität eingekauft, Hauptlieferant ist Terra Naturkost, ein Berliner Bio-Großhändler. Die Milch und das Gemüse im Sommer kommen von Lobetaler Bio, den Kaffee bringt Zsombor von der Waldstadtrösterei mit dem Rad vorbei. Wichtig ist Zora und Basti nur die Grundzutaten einzukaufen und die Verarbeitung frisch und  selbst zu machen. So sind nicht nur alle Saucen, sondern auch Brote und Teigwaren in der eigenen Küche hergestellt.


Dieser bewundernswerte, aber auch hohe Anspruch bringt für die zwei Unternehmer*innen aber auch oft sehr starke Belastungen mit sich. Im Moment stehen beide Montags bis Freitags von 8.30 bis 22.30 im Café um alles vorzubereiten, anzurichten und nach Ladenschluss wieder alles aufzuräumen und für den nächsten Tag zu putzen. Natürlich kommt noch viel Papierkram dazu, der teilweise am Wochenende geregelt werden muss und außerdem ist im eigenen Geschäft „immer irgendwas kaputt“. Ein Aspekt kleiner Gastronomiebetriebe, den man als Gäst*in oft nicht im Blick hat. Es ist eben „nicht nur“ das Stück Kuchen, was bezahlt wird, sondern auch all die Arbeit, die ihn auf den Teller zu den Gästen bringt. Basti berichtet mir von schlaflosen Nächten, wo zwar aktiv nichts zu tun ist, es im Kopf aber rattert, weil der finanzielle Druck und die Verantwortung für Mitarbeiter*innen, ohne die das Café nicht funktionieren würde,hoch ist. Gar nicht so einfach, die eigenen Werte bei diesem gleichzeitig realen, riesigen finanziellen Druck hochzuhalten und das Geschäft am Laufen zu halten. Zora und Basti wollen ihre Mitarbeiter*innen immer gut bezahlen und sind beide so herzlich, dass sie sich den Betrieb ohne freund(schaft)lichen Umgang mit und unter den Kolleg*innen gar nicht vorstellen können. Sie merken aber auch, dass ihre eigene Position als „Chefs“ dabei viele Nachteile mit sich bringt. Krank sollten sie lieber nicht werden, denn wenn sie nicht öffnen können, entstehen Tag für Tag Verluste; Treffen mit Freunden und die eigenen Familienpläne bleiben auf der Strecke. Das geht vielleicht für eine gewisse Zeit, ist aber keine langfristige Lösung. Deswegen streben sie die Gründung eines Kollektivs an, in dem zehn bis fünfzehn Leute gemeinschaftlich arbeiten und zusammen Entscheidungen für das Café treffen, sodass die Last der Verantwortung auf viele Schultern aufgeteilt wird und nicht mehr so schwer wiegt.


Basti gerät beinahe ins Schwärmen, als er mir von seinen Wünschen für die Zukunft erzählt. Endlich mehr Tage in der Woche aufmachen können, mehr lokales Obst und Gemüse verarbeiten, Feinkost im Glas einkochen, Kulturveranstaltungen ausrichten, selbst mal wieder mit Freunden ausgehen und vor allem: ein kooperatives und wertschätzendes Arbeitsumfeld, in dem niemand ausgebeutet wird. Wenn Basti seinen Kolleg*innen das Essen oder einen Kaffee für die Pause bringen kann, genießt er es besonders, ihnen etwas Gutes tun zu können und ihnen so einen schönen Moment zu bereiten. Diese herzliche Gastlichkeit im KoBaMuGasmus macht das Café schon jetzt zum lebendigen Treffpunkt. Der Grundstein als „Keimzelle für einen positiven Output“, wie ihn Basti beschreibt, ist schon lange gelegt und ich bin mir sicher/ drücke die Daumen dass Zora und Basti auch in Zukunft und im Kollektiv weiterhin vormachen können, dass es auch anders geht.

 


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