„Wir haben Jahrzehnte den Wald den Holzernteverfahren angepasst, vielleicht ist es Zeit, die Holzernte dem Wald anzupassen.“ – Benjamin Engler
Deutschland ist eines der waldreichsten Länder Europas, und die nachhaltige Nutzung dieser Ressource Holz ist essenziell. Während große Maschinen die Holzernte dominieren, bietet die Rückarbeit mit Pferden eine naturschonende Alternative, insbesondere in sensiblen Waldgebieten. Diese traditionelle Technik rückte lange Zeit in den Hintergrund, gewinnt aber heute wieder an Bedeutung. Eine Gruppe von Studierenden durfte einen Einblick in die Forstarbeit mit Pferden bekommen.
Ein Tag mit Rückepferden

Im Rahmen des ÖlV Moduls „Arbeiten mit Pferden“ hatten zwölf Studierende aus den Studiengängen LaNu, ÖlV und FoWi im November die Gelegenheit, den Einsatz von Pferden in der Waldwirtschaft zu erleben. Treffpunkt war der Waldfriedhof im Norden von Eberswalde, wo die Gruppe bereits von einem der Gastdozenten des Moduls, Benjamin Engler, empfangen wurde. Mit ihm hatten die Studierenden zuvor in der Vorlesung bereits die theoretischen Grundlagen zur Holzrückung mit Pferden erarbeitet. Begleitet wurde die Veranstaltung vom Modulverantwortlichen, Prof. Dr. Eckart Kramer, von Stadtförster Manns sowie Desiree Warns und Stephan Dietrich von der Interessensgemeinschaft Zugpferde, die mit ihren gut ausgebildeten Pferden „Lucie“ und „Max“ bereitstanden. Stephan Dietrich hält für die Waldarbeit vier Pferde auf dem Fjordpferdehof in Marienwerder, zwei Rheinisch-Deutsche Kaltblüter und zwei Mischblüter.
Vorbereitung der Pferde
Bevor es in den Wald ging, stand die Pferdepflege an erster Stelle. Die Studierenden erhielten eine Einführung ins Putzen und das Zäumen mit den speziellen Kumtgeschirren der Tiere – eine wichtige Aufgabe, um die Pferde auf ihre Arbeit vorzubereiten und gleichzeitig die Bindung zwischen Mensch und Tier zu stärken. Während für die Gruppe der Tag mit diesem Schritt begann, hatten Desiree und Stephan bereits frühmorgens mit der Versorgung ihrer Pferde begonnen. Füttern, pflegen und das Verladen der Tiere gehörten zu ihren Aufgaben, bevor sie sich auf den Weg von ihrem Heimatstall nach Eberswalde machten.
Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung und der Ausgabe von Schutzhelmen und Handschuhen ging es schließlich los in das angrenzende Waldgebiet. Im Auftrag des Eberswalder Forsts wurden zuvor gefällte mittelstarke Eichen und Kiefern entnommen, um die Naturverjüngung und gleichzeitig den Anteil an Habitatholz zu fördern. Desiree Warns berichtete, dass die Entnahme von spätblühender Traubenkirsche (invasive Baumart) in den letzten Jahren ebenfalls zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Die Baumstämme wurden auf die nächstgelegene Rückegasse transportiert, wo sie später mit Maschinen zur industriellen und privaten Verarbeitung abgeholt wurden.
Dabei beeindruckte die enorme Zugkraft der Tiere: Sie können 10–15 % ihres Körpergewichts ziehen und kurzzeitig sogar bis zu 50 % ihres Eigengewichts bewegen. Die Hauptaufgabe von Rückepferden ist die Holzernte, insbesondere das Rücken von Holz, was das ganze Jahr über möglich ist. Darüber hinaus kommen sie in verschiedenen anderen Bereichen der Waldarbeit zum Einsatz, beispielsweise bei der Bestandesbegründung, zur Vorbereitung von Naturverjüngung, Pflanzung oder Saat. Auch in der Bestandespflege und beim Waldschutz helfen Pferde beim Roden, bei der Waldkalkung sowie bei der Bekämpfung von Adlerfarn.
Praktisches Arbeiten
Später bekamen die Studierenden die Möglichkeit, das Holzrücken mit Pferden in der Praxis zu beobachten und auch selbst auszuprobieren. Die beiden erfahrenen Pferde reagierten aufmerksam auf die gegebenen Stimm- und Zügelkommandos, setzten diese präzise um und passten sich dabei flexibel an die Arbeitsabläufe und Anweisungen der Führungsperson an.
Wer selbst die Zügel in die Hand nahm, konnte die enge Verbindung zwischen Mensch und Tier spüren und erleben. Manche Studierende hatten bereits privat Erfahrung mit Pferden, beispielsweise im Reitsport, was sich als hilfreich erwies, da eine gute Pferdefühligkeit den Umgang erleichtert.

Ökologische Vorteile der Waldarbeit mit Pferden
Die Waldarbeit mit Pferden bietet zahlreiche ökologische Vorteile. Im Gegensatz zu schweren Maschinen verursacht sie nur punktuelle Bodenverdichtung, wodurch die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens weitgehend erhalten bleibt. Zudem ermöglicht sie eine schonende Bestandspflege, da junge Bäume weitgehend unversehrt bleiben. Pferde sind besonders in schwierigem Gelände sowie in Wasser- und Naturschutzgebieten eine Alternative, da sie flexibel einsetzbar sind und Böden weniger belasten. Zudem tragen sie zum Klimaschutz bei, da sie keine fossilen Brennstoffe verbrauchen und keine Schadstoffemissionen verursachen.
Nach einem intensiven Vormittag gab es eine wohlverdiente Pause – nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Pferde, die täglich bis zu sechs Stunden arbeiten können. Danach wurde die Arbeit fortgesetzt, bevor der Tag mit einer abschließenden Fragerunde mit Desiree und Stephan endete.
Die Exkursion verdeutlichte nicht nur die Vorteile des Einsatzes von Pferden in der Waldwirtschaft, sondern ließ die Studierenden auch ein praxisnahes Verständnis für die Bedeutung dieser traditionellen Arbeitsweise entwickeln. Am Ende des Tages waren sich viele der Studierenden einig: Die Arbeit mit Pferden im Wald ist nicht nur umweltschonend, sondern auch eine faszinierende und lehrreiche Erfahrung. Einer der Studierenden sagte abschließend: „Ich kann mir durchaus vorstellen, Pferde später in meinen eigenen Betrieb einzubinden.“
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