In der ackerdemiker.in Reihe "Zu Tisch bei ..." besuchen wir unsere Forschungsmitarbeitenden an ihrem Schreibtisch. An unserem Fachbereich arbeiten aktuell 33 Menschen in unterschiedlichen Forschungsprojekten. Diese Beitragsreihe soll helfen das Rätsel um (noch) unbekannte Gesichter am Fachbereich zu lüften! In diesem Doppelinterview erfahrt ihr mehr über das Projekt Regionales Bio-Gemüse aus Brandenburg.
Was und wo haben Sie studiert und seit wann sind Sie an der HNEE?
Evelyn Juister: Ich habe Agribusiness an der Uni Hohenheim studiert und kam 2008 nach Eberswalde, um im Fachgebiet „Politik und Märkte in der Agrar- und Ernährungswirtschaft“ von Frau Prof. Dr. Anna Maria Häring zu arbeiten und das heutige Innoforum für den Lehrbetrieb mit auf- und auszubauen. Seit 2010 beschäftige ich mich in verschiedenen Forschungsprojekten mit Fragen rund um die Themen Bildung, Beratung und Kompetenzaufbau in der ökologischen Landwirtschaft.
Charis Braun: Ich habe meinen Master an der HNEE in Öko-Agrarmanagement mit Schwerpunkt ökologische Ernährungswirtschaft gemacht. Davor war ich für mein Bachelorstudium in Ökotrophologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seit 2012 bin ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Politik und Märkte in der Agrar- und Ernährungswirtschaft und war in den letzten Jahren auch in den Studiengängen unseres Fachbereichs in der Lehre tätig. Derzeit konzentriere ich mich stärker auf die Forschung und auf meine Promotion an der TU München im Bereich Agrarökonomie. Die HNEE hat bisher kein Promotionsrecht, deshalb habe ich mir eine Partneruni gesucht, um hier meine Doktorarbeit schreiben zu können.
In welchem Projekt arbeiten Sie an der HNEE und wie kamen Sie dazu?
C. Braun: Unser Projekt ist das EIP-Projekt Regionales Bio-Gemüse aus Brandenburg. EIP bedeutet Europäische Innovationspartnerschaft und ist ein Förderprogramm der EU. Ziel des Projekts ist der Auf- und Ausbau einer wettbewerbsfähigen, nachhaltig rentablen und skalierbaren Bio-Gemüseproduktion in Brandenburg. In Berlin gibt es eine viel höhere Nachfrage nach regionalem Bio-Gemüse als Brandenburg momentan liefern kann. Berlin wirkt wie ein Schwamm, der regionale Ware einfach aufsaugt. Wir haben auch festgestellt, dass es bestimmte Hürden gibt, die den Einstieg in den Bio-Gemüsebau erschweren, z.B. hat es an Wissen über Anbauverfahren oder den Zugängen zu Absatzwegen gefehlt. Wir haben das EIP-Projekt aufgesetzt, damit Wertschöpfungsketten aufgebaut werden und Praktiker*innen gemeinsam mit Beratung, Interessensvertretung und Forschung Lösungen für diese Probleme entwickeln.
E. Juister: Wir verstehen unser Projekt als ein Innovationsnetzwerk für das wir den Rahmen geben. Aktuell sind 20 Akteur*innen beteiligt, die Potenziale und Bedarfe austauschen können, um Neues zu entwickeln. Wir haben z.B. schon erreicht, dass man bei REWE regionale Bio-Kartoffeln kaufen kann. Es hat sich auch eine Firma gegründet, die Bio-Feinkostsalate für den Berliner Naturkostfachhandel herstellt. Die Neugründung wurde von einer Masterarbeit der HNEE begleitet, die untersucht hat, welche Produktpalette passend ist und welche Zielgruppen angesprochen werden können.
Gruppenberatung zum Bio-Gemüseanbau mit Landwirt*innen, Feldtag, Kartoffelsortentests, Bio-Kartoffeln bei REWE. Foto Credits: Charis Braun, Johanna Janfeld
Welche Aufgaben übernehmen Sie in dem Projekt?
C. Braun: Die HNEE bildet zusammen mit der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg das Leitungsteam, in dem wir das Projekt strategisch planen und begleiten. Ich bin für die Forschung und den Wissenstransfer verantwortlich. In diesem Jahr habe ich z.B. Projektergebnisse bei der GEWISOLA-Tagung präsentiert und einen Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht.
E. Juister: Meine Aufgabe ist die Prozessbegleitung in der Entwicklung der Wertschöpfungskette und der Wissensaufbau in der Praxis. Ich konzipiere Bildungs- und Beratungsangebote für die unterschiedlichen Akteur*innen, um den Entwicklungsprozess voranzutreiben und begleite die Umsetzung.
Was ist das Besondere an Ihrem Projekt?
C. Braun: Wir machen Aktionsforschung. Das bedeutet, dass wir einerseits direkt an der Lösung eines praktischen Problems arbeiten und gleichzeitig Wissen darüber generieren. Bei uns ist der Transfer direkt in den Forschungsansatz integriert.
Was macht Ihnen am meisten Spaß?
E. Juister: Ich ziehe viel Motivation daraus, dass ich eine konkrete Wirkung unserer Arbeit erkenne und damit sehr greifbar etwas für die Region tun kann. Ich finde es auch toll im Team zu arbeiten, weil wir damit aus verschiedenen Blickrichtungen auf ein sehr vielschichtiges Projekt blicken können. Das ermöglicht eine besondere Prozessqualität.
C. Braun: Ich kann mir gut vorstellen auch nach meiner Promotion als Aktionsforscherin zu arbeiten. Es ist total toll, so nah an der Praxis zu forschen. Diese Art der Forschung hat eine sehr hohe Qualität, weil dadurch ganz besondere Daten entstehen.
Sind Studierende auch in das Projekt eingebunden?
E. Juister: Anfang 2021 hatten wir eine Online-Seminarreihe zum Gemüsebau, die eigentlich nur für Praktiker*innen vorgesehen war, die wir aber dann für Studierende geöffnet haben. Das war sehr wertvoll, da sich Studierenden und Praktiker*innen direkt austauschen konnten.
Was liegt heute noch auf Ihrem Schreibtisch?
C. Braun: Heute werde ich noch Reflexionsworkshops für unser Projekt vorbereiten. Das Ergebnis dieser Workshops werden wir in Form eines Sachcomic präsentieren. Mit diesem innovativen Format wollen wir ein Fachpublikum außerhalb der Forschung erreichen.
E. Juister: Bei mir liegt noch die Vorbereitung eines Online-Fachseminars, bei dem wir die Ergebnisse der Kartoffelsortentests einer breiten Öffentlichkeit vorstellen werden. Im Rahmen der Tests haben mehrere Landwirte verschiedene Kartoffelsorten auf ihre Eignung für den Anbau in der Region geprüft.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Projekt läuft noch bis Ende 2022. Im März ist die Veranstaltung „Aktionstage wirksame Wertschöpfungsketten“ in Stolzenhagen geplant. Infos und Anmeldung: aktionstage.org
Comentarios